Reinhold Schneider

Ein Auswandererschicksal

 

Von dem nach Amerika ausgewanderten Ludwig Korn, geboren am 22. November 1863, Metzger, der wegen „Jugendthorheiten“, wie er sagt, seine Heimat verlassen hatte, sind einige Briefe erhalten geblieben. Ausführlich schildert er in seinem ersten Brief vom 28. Februar 1886 an seinen Vetter (?) die Überfahrt, den wir hier teilweise im Original wiedergeben: „Wie Du weißt bin ich Mittwochs den 12ten März1) eingeschifft worden. Von Anfangs ging die Fahrt sehr gut bis zum fünften Tage, dann fing es an zu stürmen. Am siebten Tag wurde der Sturm zu einem Orkan. Das große schwere Schiff wurde herumgeworfen wie eine Nußschahle. Als der Sturm sich etwas legte bekamen wier einen Nebel so dicht daß man kaum auf zehn Schritte sehen konnte. Die Ursache davon war daß das Schiff eine Nacht nicht fahren konnte weil man sonst befürchte mußte mit einem andern Schiff zusammen zu stoßen. Den zweitletzten Tag bekamen wir helles kaltes Wetter und je mehr wier uns Amerika näherten desto kälter wurde es. Morgens den 22ten März sahen wier Land aber es wehte ein so scharfer Wind daß wir uns gleich wieder in unser warmes Zwischendeck flüchteten. Das Wasser welches der Wind aufs Verdeck peitschte fror sofort an die Tauen, die Schiffsleitern sogar der Hauptmast war mit halbfuß dickem Eis bedeckt. Auf dem Verdeck lag das Eis schuhdick. Mittags wurden wir in Hoboocken ausgeschifft und dann wurden wir von einem kleinen Dampfer abgeholt und nach dem Castelgarten gefahren. Vom Castelgarten aus ging ich mit einem andern Deutschen nach der badischen Heimath ein kleines Hotel in New York.“

Bevor er zur Familie seines Onkel Hans weiterfuhr, schaute er sich 4 Tage die Sehenswürdigkeiten New Yorks an. „Insbesondere die große Broockliener Brücke welche eine halbe Stunde lang ist 2). Auch besuchte ich den Zirkus welcher der größte der Welt ist“.

Die Fahrt nach Cincinati dauerte ein Tag und zwei Nächte.

Von Onkel Hans, der in Cincinati wohnte, erhoffte sich Ludwig Korn einen Hinweis auf eine Arbeitsstelle. Da dieser aber nichts für ihn tun wollte, entschloss er sich nach Texas zu reisen. Die Fahrt kostete 23 Dollar und dauerte bis Austin, der Hauptstadt von Texas, 2 Tage und 3 Nächte. Dort hätte er Arbeit bei einem amerikanischen Metzger bekommen können. Aber die gefiel ihm nicht. „Im Hotel traf ich einen jungen Deutschen welcher auf einer Farm gearbeitet hat. Er erzählte mir er hätte gehört in Fort Crecho welches 240 Meilen von Austin entfernt ist wäre es sehr gut. Ich entschloß mich mit ihm dorthin zu reisen. Wir brauchten vier Wochen bis wir dorthin kamen denn wir mußten laufen weil keine Eisenbahn dorthin geht. Es war eine abenteuerliche Reise. Wir mußten ein paar Flüsse durchschwimmen schossen uns Hasen und Präriehunde welche wir brateten. Butter und Brod bekamen wir von den Farmer. Nachts (legten) wir uns ein Campfeder an wo wir schliefen. Wir tödeten 9 Klapperschlangen die’s hier in Texas viele gibt, sahen Wölfe, Antilopen, Hirsche, Waschbären, Stinkkatzen, Biber, Scorpionen und Taranteln.“

In fort Cocho konnten sie aber keine Arbeit finden und so machten sie sich auf nach Colorado City, das einhundert Meilen entfernt an einer Eisenbahnlinie lag. Dort schlupften sie in einen leeren Frachtwagen und fuhren bis El Paso, nahe der mexikanischen Grenze. „Wir fuhren ungefähr vierzig Meilen in Mexiko hinein, gefiel uns aber nicht bei den braunen Mexikaner welche spanisch sprechen und so reisten wir wieder nach El Paso. Dann gings durch New Mexiko wo die Apachenindianer auf dem Kriegspfad waren welche vor ein paar Tagen 70 Personen ermordeten. Von New Mexiko gings nach Arizona welches der heißeste Staat von den vereinigten Staaten ist. Hier sah ich die meisten Indianer nämlich die Pagokos die Yuma die Manutain, die Apaches und die Punblaindianer. Außer den in Arizona sah ich ein Stamm in Californien ein in Newade und ein in Utha. In Arizona verlor ich meinen Reisekolege.“

Von Südkalifornien reiste er über San Franzisko wieder nach Cincinati. Er brauchte zehn Wochen, denn der Weg war dreitausend Meilen lang und er hatte keinen Cent in der Tasche. Dort bekam er am dritten Tag auch gleich Arbeit in einem „Porkhaus“. Da schlachtete man täglich 3-400 Schweine. Nach 5 Wochen war die Arbeit zu Ende und schlechte Aussichten anderweitig Arbeit zu bekommen.

Seinen nächsten Brief schrieb er am 10. Januar 1888 von Saint Paul, Minnesota, an seinen Onkel (?). In ihm berichtete er, dass er von Cincinati nach Louisville/Kentucki reiste und dort zwei Monate am Ohiofluss arbeitete. Danach fand er drei Monate Arbeit auf einer Zuckerplantage in New Orleans.

Von da reiste ich hinweg nach Tennessee wo ich dann ein Monat an einer neuen Eisenbahn arbeitete..... Als mein Monat aus war reiste ich nach dem Norden nämlich nach Dakota. Dort bekam ich Arbeit an einer großen Farm. Der Farmer war ein Norweger. Ich verdingte mich zu ihm für 1,75 (Dollar) per Tag Kost und Logis. Er war sehr zufrieden mit mir und als nach 3 ½ Monaten die Feldarbeit fertig war und ich fortging gab er mir 2 Dollars per Tag und sagte ich soll nächstes Jahr wiederkommen.“

Ludwig Korns nächstes Ziel war Saint Paul in Minnesota. Dort erwarb er sich gute Winterkleidung und begab sich nach Wisconsin, wo er einen Monat im Urwald arbeitete. Aber die harte Arbeit zu kalter Jahreszeit gefiel ihm nicht. Er ging deshalb wieder zurück nach Saint Paul.

Seiner jüngeren Schwester schrieb er in einem Brief vom 19. Februar 1889, daß er die „Metzerei“ aufgegeben und schon beinahe die ganzen Vereinigten Staaten von Nordamerika bereist habe. Man müsse einen festen Charakter haben um den Versuchungen zu widerstehen, denn in Amerika werde zu schnell gelebt und von Gemütlichkeit wisse man nichts. In Gedanken an die deutsche Heimat und an seine Schwestern habe er auch einmal in großer Not seine Selbstmordgedanken vertrieben und seinen Revolver weggeworfen.

Von dem im vergangenen Sommer verdienten Geld brauche er im Winter nicht zu arbeiten und besuche die Handelsschule in St.Paul um die englische Buchführung und alles was dazu gehöre, zu erlernen. Und wie er in seinem Brief vom 1. Juni 1892 schrieb, wolle er das auch in diesem Herbst (1892) tun. Derzeit arbeite er in einem En Gros Eisenwarengeschäft und bekäme 40 Dollar im Monat.

Im Brief an seine Schwester Gretchen vom 1. August 1892 berichtet er, daß sein einziges Vergnügen das Turnen sei und sein Verein beim Bezirksturnfest in Duluth (150 Meilen von St.Paul am See Superior) viele Preise erringen konnte.

Sein nächster Brief vom Mai 1894 kam aus Comstock/Wisconsin an sein „Liebes Schwesterchen“ (damit meinte er die jüngere Schwester Margaretha). Aus ihm ist zu entnehmen, dass zu jener Zeit „viele Tausend Arbeiter auf öffentliche Wohltätigkeiten angewiesen sind um nicht zu verhungern. Auch ich blieb von den schlechten Zeiten nicht verschont indem ich meine alte Stelle in St.Paul dadurch verlor, und ich genöthigt war mich anderweitig um Arbeit umzuschauen, was mir auch nach etlichen Wochen Herumlaufens schließlich gelang“.

Im Frühjahr 1895 erwarb er sich 40 Acker3) Land zu 7 Dollar per Acker. Er glaubte jetzt sein eigener Herr zu sein. Später scheint er es jedoch wieder verkauft zu haben, denn im Brief vom 6. Oktober 1898 an seine „Herzensschwester“ läßt er verlauten: „Da sitze ich nun in meiner Junggesellenklause und ärgere mich warum ich eigentlich den Dummen Streich begangen habe und mir Lande gekauft habe .... Ich werde daher, wann sich ein Käufer findet, mein Land losschlagen..... Ich muß für heute aufhören, denn ich bin schläfrig, müde und matt wie ein abgehetzter Jagdhund und sehne mich nach Ruhe. O, wenn nur die ewige Ruhe einmal da wäre!“

Seinen nächsten Brief verfasste er am 25. Februar 1900 in Tacoma im Staate Wahsington, 2000 Meilen von St.Paul. In ihm beschreibt er ausführlich das Land mit seinen ungeheueren Wäldern und dem Klima einerseits der Gebirgskette, die das Land durchzieht und der Wüste mit ihren Salbeibüschen aus der anderen Seite. „Ich arbeite in einem Holzfällerlager. Der Lohn ist je nach Beschäftigung und Kenntnissen von $ 2 - $ 3 den Tag. Kost 20 C(ent) die Mahlzeit.“

Er schwärmt aber von den Goldsuchern in Alaska, weitere 2000 Meilen von Tacoma.

So kommt auch schon sein nächster Brief an seine „Theuere Schwester“ vom 26. Februar 1901 aus Seattle, in dem er berichtet, daß er zwar schönes Geld verdient habe (2,75 $ 4) per Tag), aber auch viel Pech. „Im September wurde ich beinahe von einem Baum todtgeschlagen er traf mich auf den Kopf und schlug mich bewußtlos. Ich wurde nach Seattle transportirt und in ein Hospital untergebracht. Nach 3 Wochen war es mir möglich wieder zur Arbeit zu gehen, kehrte nach der Camp zurück, und 14 Tage darauf haute ich mir mit der Axt in den linken Fuß. Die Wunde war nicht sehr schlimm und ich vernachlässigte es; Blutvergiftung trat ein und ich mußte wieder nach Seattle (sprich Si-ätl) in das Hospital. Kurz nach Neujahr bekam ich einen Anfall der La Grippe und verlor beinahe das Gehör. 3 Wochen zurück bekam ich in 2 Fingern Blutvergiftung, und die Folge davon – Abwarten in Seattle bis sie geheilt sind. Du siehst also – Glück muß der Mensch haben.“

Auch hierin berichtet er wieder in allen Einzelheiten über die Landschaft mit ihren Bergen und Seen.

Seiner „lieben Schwester“ schreibt er nun von Ketschikan am 9. Juni 1905, dass er sich in den letzten 2 Jahren in Alaska befindet Der Lohnsklaverei entronnen, versucht er nun sein Leben durch die Pelzjagd zu gestalten. „Mit diesem Entschluß ging ich nach Idaho in die Gebirge, welches noch eine ursprüngliche Wildniß ist und übte mich auf der Jagd in der Winterzeit“, von etlichen Jägern beraten.

Trotzdem ging er wieder für 1 Jahr zu den früheren Holzfällern am Puged Sound. Mit 35 Dollar Erspartem brach er dann nach Alaska auf. Auch in diesem Brief beschreibt er ausführlich die Landschaft.

„Ich lebe jahraus jahrein in einem Zelt, habe einen Überfluß von frischer Luft, Wasser und Holz, fange meine eigene Fische und jage mein eigenes Wild und lebe frei wie ein Vogel ..... Wenn ich der Fische überdrüssig werde so nehme ich meine Büchse und schieße mir ein Hirsch oder Bergziege oder Stachelschwein oder Waldhühner. Zur Abwechslung schieße ich mir mitunter ein jungen Bär, ..... Letzten Sommer bin ich 2 Monate auf der Hirschjagd gewesen,. Man bekam 7 Cents für das Pfund Fleisch. Ich werde wahrscheinlich noch ein Jahr in dieser Gegend bleiben und dann wahrscheinlich entweder nach dem Inlande von Alaska oder British Columbia gehen.“

Am 20. April 1905 schrieb er noch einen Brief an seinen „werthen Vetter“, in welchem er berichtete, dass er in diesem Sommer für eine Compagny auf Fischfang war und nun bald wieder Zeit sei auf Pelz- und Hirschjagd zu gehen.

Seine letzte Nachricht stammt vom 21. September 1905 aus Ketschikan, in dem er seiner Schwester (Margaretha?) für ihren Brief dankt, nachdem er schon die Hoffnung auf ein Schreiben von ihr aufgegeben habe.

Nachdem Ludwig Korn seit dem Jahre 1907 als verschollen galt, ließ ihn seine Schwester Elisabetha durch ein Aufgebotsverfahren beim Amtsgericht Ludwigshafen vom 20. April 1918 für tot erklären.

 

Erläuterungen:

1) wenn das Datum „Mittwoch, 28. Februar“ stimmt, dürfte er bereits 1884 ausgewandert sein

2) gemeint ist ½ Stunde Fußmarsch

3) Acker = accre = Flächenmaß

4) $ = Dollar

Reinhold Schneider

Die Ziegelhütte

 

Keiner weiß genau, wie lange Böhl und Iggelheim große Ländereien und Gebäude in gemeinschaftlichem Besitz hatten. Wie uns die Geschichte zeigt, führte das oft zu Streitereien. Um dies zu beenden, kam es im Jahre 1787 zur Teilung der gemeinschaftlichen Ländereien. Dabei war der Gemeinde Böhl u.a. auch die Ziegelhütte zugefallen. Sie stand am Ende der Maximilianstraße und westlich der Kuhstraße. In einem Verzeichnis der Gemeinde Böhl vom 1. März 1772 wird der Standort „bis 300 Schritt* unter der Mühl“ bezeichnet, „worin 1 eiserner Ofen nebst dem erforderlichen Gestellwerk, auch 2 ½ Morgen Wiesen, Garten und Ackerfeld dabei befindlich.“

 Ziegelhütte

 

Nach der Teilung war sie jedoch zur Stilllegung verurteilt, weil das Letten graben im Wald verboten worden war.

 

Das Oberamt hatte die Ziegelhütte auch schon öffentlich zum Verkauf versteigert und hätte dafür 401 Gulden und 15 Kreuzer erlöst. Nachdem hierzu die Genehmigung durch die hohe Churfürstliche Regierung erforderlich war, bat das Oberamt Neustadt unterm 27. März 1788 darum.

Da jedoch durch fautheiamtliche Untersuchungen 1788 festgestellt worden war, dass die meisten Schornsteine noch in Holz ausgeführt seien, erließ man eine Feuerordnung, wonach diese Schornsteine innerhalb eines Jahres in Backsteinen auszuführen seien.

Die Bürgermeister von Böhl und Iggelheim baten deshalb in einem Gesuch vom 5. Januar 1789 die Churfürstliche Durchlaucht „höchst gnädigst geruhen zu wollen, dass die Ziegelhütt … so lange annoch gemeinschaftlich bestehen dörfte, bis unsere Schornsteine hergestellt“.

In einem durch die Churfürstliche Regierung von der Fauthei angeforderten Bericht vom 13. März 1889 bestätigte diese, dass es stimme, dass in hiesiger Pflege fast durchgehend die Schornsteine aus Holz ausgeführt seien. Zur Beseitigung dieses Zustandes wären gewiss zwei mal hunderttausend Backsteine erforderlich. Diese auswärts anzukaufen verursachten den beiden Gemeinden einen großen Kostenaufwand. „Es würde dahero beiden Gemeinden ein nicht geringer Vorschub seyn, wenn kurfürstle. Hohe Landes Regierung dem Ansinnen derselben genädigst zu willfahren geruhe wollte …“


Das Oberamt pflichtete dem Bericht unterm 17. März 1789 bei. Daraufhin stimmte die Churpfälzische Regierung am 1. Oktober 1789 dem Antrag zu und verfügte über den weiteren Bestand der Ziegelhütte bis die Herstellung der in Holz bestehenden Schornsteine in Backsteinen ausgeführt seien.

Wie lange die Ziegelhütte dann noch bestand, konnte bisher nicht festgestellt werden. Jedenfalls war sie in einer „Spezialliste“ des Oberamts Neustadt 1784 genannt und auf der Schmidt`schen Karte aus dem Jahre 1797 noch erwähnt.

Sie war übrigens im Flurbuch Iggelheim weder 1716 noch 1801 aufgeführt.

Die Ziegelhütte wurde jährlich an den Meistbietenden versteigert und erbrachte z.B. 1740 64 Gulden von Johann Müller aus Neustadt, der sie 10 Jahre in Bestand hatte. Der Erlös floss zu 2/3 der Gemeinde Böhl und zu 1/3 der Gemeinde Iggelheim zu. 1786 waren es 16 fl 40 Kreuzer für Iggelheim.

Aus den nur noch wenig vorhandenen Iggelheimer Gemeinderechnungen sind folgende Ziegelhüttenbeständer bekannt:

 1716  Adam Keld
 1722  Barthel Weyher
 1729  … Bauer
 1737 und 1740  Johannes Müller (10 Jahre in Bestand )
 1746  Heinrich Deller
 1747  Sebastian Job
 1748  Johann Philipp Schneider
 1751  Lorenz Münch
1761 Konrad Müller
1778 Konrad Müller Witwe und Mathes Brill**
1781 Matthes Brill
1758 am 26. Mai starb hier Joh.Georg Gutschmitt, ein 24-jähriger Zieglergeselle aus Grütnau, Grafschaft Ysenburg.

 

Die Ziegelhütte dürfte aber 1794 schon nicht mehr bestanden haben, wie aus einem Schreiben vom 14.November 1794 gedeutet werden kann, das von der Gemeinde Iggelheim an den Schultheißen Magin in Böhl gerichtet war. Darin ersuchte man, dem Versprechen von Schultheiß Magin nachzukommen, einen Morgen Feld aus dem Ziegelhüttengelände herauszumessen, damit die Gemeinde Iggelheim das übrige Feld zur Versteigerung bringen könne. ***

------------

* 1 Schritt = 75-80 cm

** LA Speyer U 16, 276

*** ebenda U 16, 265

Reinhold Schneider

Sie nannten sich „von Böhl“

 

Die Festschrift der Gemeinde Böhl-Iggelheim anläßlich der 1200-Jahrfeier des Ortsteils Böhl im Jahre 1980 nennt im geschichtlichen Rückblick bereits

a) 1486 einen Heinrich von Böhl, der als Faut der Pflege Haßloch fungierte (sein voller Name war Heinrich Liechtenstein von Böhl)

und

b) 1536 Hans von Wachenheim, geheißen von Böhl, der von dem Leininger Fürsten Emich IX. für redliche Dienste einen Weiher mit einem Garten, beim Dorfe gegen Hochdorf zu, erhielt.

Doch schon in einer Urkunde aus dem Jahre 1366 werden zwei Personen mit der Bezeichnung „von Buhel“ genannt, nämlich Peter von Buhel, ein Edelknecht, als Zeuge und Florantz von Buhel, ein Grundbesitzer. Georg Feil führt in seiner Meckenheimer Ortsgeschichte (1965) unter vielen ritterlichen Herren, die in Meckenheim Felder oder Rechte besaßen, aus jener Zeit auch eine Jungfrau Margret von Böhl auf. Sie muss wohl die Tochter eines Ritters gewesen sein.

Neben diesen gab es noch einen Clas Liechtenstein von Boheln (1418), einen Bernhard Liechtenstein von Böhl (1423) und einen Johann von Wachenheim, genannt von Böhl, der 1432 von der Kirche zu Worms ein Lehen erhielt, welches Johann Kolb von Wartenburg zurückgegeben hatte, das 2 Ohm Wein auf die Beed (Steuer) von Laumersheim, 4 Unzen Heller usw. einbrachte.

Dieses Lehen übernahm 1443 sein Sohn Arnold von Wachenheim, genannt von Böhl, und danach 1501 wieder ein Johann (Hans) von Wachenheim, geheißen von Böhl, für sich und seine Brüder. Letzterer war der oben genannte leiningische Amtsmann zu Hartenburg bei Bad Dürkheim und als solcher schenkte ihm der leiningische Fürst den Weiher und Garten in Böhl. Das dürfte die ehemalige Lenn bei der heutigen Lindenstraße gewesen sein (siehe Abbildung 1).

Es wird auch jener Hans von Wachenheim, genannt von Böhl, gewesen sein, der am 24. August 1523 der Gemeinde Böhl zu ihrer gemeinen Allmend von seiner Hofreit bei der Kirche einen Fußpfad gibt, 7 Schuh breit, vom Weg an der Kirche bis hinaus an die Äcker „In den Plöcken“ (das sogenannte Pfarrgässel), um einen jährlichen Zins von 3 Kappen (Masthähnchen). Angrenzer waren Nicolaus Baltz und Fritz Hensel.

Arnold von Wachenheim, genannt von Böhl, jr. (1489-1496 unter kurpfälzischer Herrschaft Amtmann in Wachenheim), erwarb 1526 von Peter Krebs den grossen und kleinen Zehnten zu Böhl. Da er aber ohne Nachkommen starb, fiel es 1563 dem Lehensherrn, Bischof Theodor von Worms wieder heim, der es seinem Kanzler Georg Seiblin, hernach von Böhl genannt, in Erbfolge verlieh.

Der weit Bedeutendere ist aber Junker Nikolaus Übelhirn von Böhl. Er wird auch Edelknecht oder Ritter genannt. Es muss ein reich begüterter Herr gewesen sein, der unterm 26. April 1494 durch seine Treuhänder Hans von Stettenberg und Arnolt von Böhl (oben bereits erwähnt) sowie durch drei Deidesheimer Bürger vor dem Schultheißen Conrad Schmidt zu Dannstadt und den Gerichtsschöffen daselbst Jost Renner, Henn Becker, Peter Buwer, Peter Würt, Clain Henn, Wernhers Henn, Hensel Renner und Hensel Buwer (dem Wirt) beurkunden ließ, dass er seine Güter zu Deidesheim, Ruppertsberg, Dannstadt, Mutterstadt, Altdorf, Böbingen und Freimersheim sowie einen Wald bei Haßloch zum Bau eines Spitals und Elendshauses in Deidesheim stiftete, da er keine Nachkommen habe. Allein der Grundbesitz in Mutterstadt betrug 132 ½ Morgen Ackerland und 13 Mannsmaht Wiesen, der dem Hochstift Speyer 16 Malter ständige und ewige Korngült jährlich einbrachte.

Es ist auch durchaus möglich, dass Übelhirn der Verwalter des in Böhler Gemarkung genannten Königsgutes war, das in der Oppelsgewann lag und sowohl 1398 als auch noch 1710 als solches erwähnt wird.

Die Hospitalstiftung sollte allen bedürftigen und kranken Frauen und Männern der Stadt und der Umgebung zur Verfügung stehen. Daneben sollte die Anstalt auch armen Durchreisenden, Bettlern, Pilgern und Soldaten Unterstützung und Unterhalt gewähren. Eine weitere Aufgabe war die Aufnahme elternloser Kinder (Abb.2).

1496 gründete Übelhirn in dem Spital noch eine Priesterpfründe. Den dort bestallten und versorgten Priestern oblag die geistliche Betreuung und Versorgung der Hospitalinsassen.

Wann er starb, ist nicht bekannt. Sein Leichnam ruht in der Pfarrkirche zu Deidesheim beim St.Michaels-Altar.

Das Vermächtnis des Nikolaus Übelhirn von Böhl hat die fünf Jahrhunderte überdauert, obwohl die Gebäude mehrmals außer Betrieb waren durch Krieg, Zerfall und schließlich auch 1945 durch Zerstörung bei einem Luftangriff auf Deidesheim. Der Wiederaufbau konnte erst 1952 abgeschlossen werden. Die Anlage steht weiterhin Pfründnern und Hilfsbedürftigen zur Verfügung. Sie wurde inzwischen noch erweitert durch den Neubau des St.Elisabethen-Altersheimes, zu dessen Gründung die Stiftung einen wichtigen finanziellen Beitrag leistete. Mit einem Festakt gedachte die Stadt Deidesheim der 500-jährigen Stiftung am 25. April 1994.

Eine weitere Nennung eines Claus Übelhirn von Böhl ist auch in einer Urkunde vom 30. Juli 1454 nachgewiesen, als dieser vor dem pfalzgräflichen Gericht zu Heidelberg die Herausgabe einer Erbschaftsmasse von der Stadt Neustadt verlangte, die aus der Hinterlassenschaft der Egnat Hebel aus Dannstadt herrührte. Diesen Erbanspruch stellte Übelhirn als Sohn eines Geschwisterkindes (Großneffe) der Verstorbenen und ließ die in der Stadt befindliche Hinterlassenschaft mit Beschlag belegen. Doch ein gewisser Erpf von Lustadt hatte sie schon an sich genommen und aus Neustadt weggebracht. Übelhirn klagte nun gegen die Stadt Neustadt, die dies habe geschehen lassen, auf eine Entschädigung von 2000 Gulden.

Das Gericht wies jedoch seine Klage ab. Wegen der von der Erbschaftsmasse in Händen der Neustadter Ratsherren befindlichen Gegenstände wurde er auf den Rechtsweg gegen die Einzelnen verwiesen. Doch meinte der Anwalt der Stadt, „die egnat Hebel sii langziit zur Nuwenstat behüdt und befridet worden, darvmb sie meinen, das ine die zehen gulden faren gelassen werden sollen“.

Das Gericht wies die Klage des Claus Übelhirn in allen Punkten ab, jedoch sollte Neustadt gehalten sein, die rückständigen 10 Gulden, von einer Leibrente der Erblasserin herrührend, an die Erbschaftsmasse zu zahlen.

Auch 1404 wird ein Deidesheimer Edelknecht, Junker Klaus von Böhl, genannt, der eine Urkunde mit seinem Siegel bekräftigte. Er war der Großvater des Hospitalstifters.

 

Quellen:

Festschrift „1200 Jahre Böhl“, 1980

Regesten der Urkunden des Stadtarchivs Neustadt a.d.W.

LA.Speyer,Hochstift SP U 979

BayHStA.München, Rheinpf.Urk.Nr.246

Werner Leim, „Die Geschichte des Bürgerhospitals

Stefan Gillich, „Stiftung Bürgerhospital Deidesheim“

Friedrich August Pietzsch, „Friedelsheim“, 1972

Gemeidearchiv Böhl

Reinhold Schneider

Allmende

- Abgabe von Bauplätzen -

 

Unter Allmende verstand man ursprünglich gemeinsam genutztes Gemeindeland, das den Bürgern unentgeltlich überlassen wurde. Das hielt bis ins 18. Jahrhundert. Da nicht mehr alle Rechnungen der Gemeinde Iggelheim aus dieser Zeit vorhanden sind, lässt sich eine Änderung bezüglich der kostenlosen Überlassung nicht mehr genau feststellen. 1786 jedoch nahm die Gemeinde schon „Beiträge von den unter die Singulis1) verteilten Allmendgrundstücken“ ein. So erzielte sie in jenem Jahr 81 Gulden und 36 Kreuzer.

Aus dem Intelligenz-Blatt des bayerischen Rheinkreises 1823 S. 1336 ff. ist zu entnehmen, dass die letzten Zeitperioden solche Umstände herbei führten, „daß man den Besitz der Allmänden nicht mehr von Abgaben freylassen konnte. – Sowohl zur Tilgung der anwachsenden Gemeindeschulden, als zur Tilgung der vermehrten Gemeindebedürfnisse ... wurde eine Auflage auf dieselben nothwendig gemacht“.

Warum die Kleine und Große Allmend bereits 1786 schon zu den Bestandsgütern2) gehörte, bleibt noch zu erforschen! Denn am 16. Mai 1836 beurkundete der Mutterstadter Notar Johannes Abraham Hartmann in Iggelheim die Abgabe von 15 Bauplätzen an der heutigen Maximilianstraße, damals ein „Ackerland, genannt Allimend=Hoecke, oder große Allmend, begrenzt gegen Osten durch die Böhler Kuhstraße, gegen Westen durch einen Gewannenweg, gegen Süden durch den Neugraben, und gegen Norden durch den Kirchgraben; zur Abhülfe des Mangels an Eigentums= und Miethwohnungen“. Die projektierte Veräußerung war am 8. April 1836 durch die königliche Regierung des Rheinkreises erlaubt worden.

Die Veräußerung geschah nach vorherigem Ausschellen in der Gemeinde sowie einer Veröffentlichung im Kreis-Intelligenzblatt No. 46 vom 24. April 1836 durch eine öffentliche Versteigerung. Nach Bekanntgabe der Bedingungen ersteigerten folgende Personen je einen der in 15 Lose eingeteilten

Bauplätze, beginnend neben dem Feldweg (heute Lilienstraße):

1. Johannes Hornbach, Maurer, für 511 qm zu 125 Gulden

2. Marx Hornbach, Maurer, 429 qm - 122 Gulden

3. Peter Braun, Taglöhner, 429 qm - 125 Gulden

4. Joseph Haggenbusch, Gemeindeförster, 497 qm - 125 Gulden

5. Johannes Bohrmann, Ackersmann, 497 qm - 122 Gulden

6. Philipp Anton Kreitner, Ackersmann, 507 qm - 120 Gulden

7. Joseph Lengle, Leinenweber, 509 qm - 127 Gulden

8. Joseph Hutter, Taglöhner, 509 qm - 120 Gulden

9. Konrad Portune, Ackersmann, 517 qm - 125 Gulden

10. Georg Nessel, Leinenweber, 516 qm - 123 Gulden

11. Peter Külbs, Taglöhner, 519 qm - 120 Gulden

12. Konrad Groß, Schuhmacher in Böhl, 523 qm - 125 Gulden

13. Jacob Ohler der Dritte, Bäcker, 517 qm - 120 Gulden

14. Adam Külbs, Taglöhner, 503 qm - 114 Gulden

15. Leonhard Hornbach, Maurer, 516 qm - 216 Gulden

Die hinter jedem Bauplatz liegenden, kleinen Gartengrundstücke ( Pl.Nr. 713 ff) wurden später hinzu erworben.

Der Steigpreis war in 4 gleichen Jahresraten, „nehmlich auf die Martinstage der Jahre“ 1837, 1838, 1839 und 1840, „und dieß zwar mit Zins zu fünf procent auf’s Jahr gerechnet, vom Tage der gegenwärtigen Versteigerung zu laufen anfangend“ an die Gemeindekasse zu zahlen.

Ein weiteres Allmend-Recht war die Abgabe von Holz aus dem Gemeindewald, das sogenannte „Gabholz“. Darüber wurde bereits im Jahresheft 1995 berichtet.

Die Erweiterung der Grundfläche durch den Erwerb der Gartenflächen (früher Wiese) erfolgte im Jahre 1894 (s.Protokollbuch des Gemeinderates 1894 S. 291, 294 und 316.)

 

1) Einwohner

2) Eigentum der Gemeinde