Altes Rathaus

 

Rathausuhr

Färberei Bechtold

Erdgeschoß

 

Gebäude

Das herausragendste Gebäude und zugleich Wahrzeichen des Dorfes Iggelheim ist ohne Zweifel unser altes Rathaus. Erbaut wurde es 1499, wie wir aufgrund Dendrochronologischer Analysen (Untersuchung des Fälldatums von Hölzern) durch Baugutachter im Jahr 2022 in Erfahrung bringen konnten.

Eine kleine Sensation, denn damit ist unser Iggelheimer Rathaus das älteste in der Pfalz und bezeugt, dass Iggelheim damals eine besondere Bedeutung hatte. Wenn man von weniger als 200 Einwohnern ausgeht und sich dies verbildlichen möchte, gab es bei ca. 5 Personen pro Haushalt damals nur 40, eher weniger, Häuser. Wobei das Ortszentrum damals auch noch mehr im Bereich der Kreuzung Haßlocher Straße und Langgasse zur Sandgasse lag. So gab das damals neu gebaute, im Osten liegende, „Alte Rathaus“ wohl auch den Ausschlag der künftigen Ortsentwicklung, die Langgasse runter ins „Unterdorf“ und die folgende Erschließung der Buschgasse und der Lützelstraße.

Die eingemeißelten Jahreszahlen auf dem rechten Pfeiler des ersten Bogenfensters auf der Südseite, Anno 1569 und 1592, zu einer Zeit, als sich das Dorf Ygelheim schrieb und ungefähr 300 Einwohner zählte, bezieht sich wohl auf Renovierungen in der Renaissancezeit. Der damalige Schultheiß des Ortes um 1569 könnte der im reformierten Kirchenbuch von 1572 genannte Hans Baltz gewesen sein.

Errichtet wurde das Rathaus als Eckgebäude an der Stelle, wo sich die damals Böhlgasse genannte jetzige Eisenbahnstraße und die jetzige Buschgasse mit dem Oberdorf und Unterdorf kreuzen. Das Erdgeschoß des im romanischen Rundbogenstil gebauten Renaissancebaus ist eine Laubenhalle mit Zugangstor an der Südseite und je zwei Bogenfenstern an der Süd- und Ostseite. Auf der eher schmucklosen Nordseite finden sich ein weiteres Bogenfenster und drei rechteckige Fenster, wohl aus späterer Zeit. In der Laubenhalle wurden in der damaligen Zeit wohl die öffentlichen Gerichtssitzungen abgehalten, ebenso wurde es möglicherweise auch für lokale Markttage und Verkaufsstände von Händlern genutzt. Auf Straßenniveau liegt das ehemalige „kleine Ortsgefängnis“, die Betzenkammer unter der Treppe, welche wohl zur Jahrhundertwende um 1600 angebaut wurde. Zugang von außen und innen ist nur in gebückter Haltung oder gar auf Knien möglich

Über die Sandsteintreppe mit einer erneuerten Sandsteinsäule auf der Westseite gelangt man ins erste Obergeschoß, welches eine Ausstellung zum Leben zur Jahrhundertwende 1900 zeigt. Das Obergeschoß ist im Fachwerkstil errichtet und enthält Bauteile aus der Zeit der Ersterbauung, diese lassen sich leicht erkennen, da die Hölzer hier teils noch per Hand beschlagen und nicht in Sägewerken vorbereitet wurden.

Im zweiten Obergeschoss findet sich eine sehr reichhaltige Ausstellung zur Herstellung von Leinenstoffen sowie zur Blau- und Schönfärberei.

Ebenso wird das Rathaus durch ein Glockentürmchen geziert, welches wohl schon zeitnah zur Erbauungszeit das Gebäude ergänzt wurde. Dendrochronologische Untersuchungen an Stützständern innerhalb des Gebäudes datieren auf 1568. Die Bausubstanz lässt den Schluss zu, dass das Haus während seines Bestehens in den Kriegswirren insbesondere im 17./18. Jahrhundert keine größeren Schäden erlitten hat.

Für 1750 lassen sich aus alten Verträgen und Gemeinderechnungen umfangreiche Renovierungsmaßnahmen ableiten. Ein neues Türmchen für die Glocke errichtete damals der Haßlocher Zimmermeister Johannes Frick als ein viereckiges Türmlein mit einer viereckigen Bedachung.

Etwa vier Wochen nach Neujahr 1794 plünderte eine Einheit französischer Voltigeurs und Chasseurs (leichte Reiter) das Dorf und hat wohl die Kirchenglocken und vermutlich auch die Rathausglocke mitgenommen, denn 1810 ist die Anschaffung einer neuen Glocke nachweisbar.

 

Zur Geschichte dieser Glocke

Sie trägt die Inschrift:

Mich gos Friedrich Brechdel in Speier 1810 Frantz Joseph Becker, Maire Adam Sieber Einnehmer, Philipp Müller, Grefier, Gemeinte Igelheim – Napoleon“.

Dass diese Glocke auch heute noch an ihrem Platz hängt, verdankt sie wohl nur mehreren glücklichen Umständen. Im Kriegsjahr 1942 musste die Glocke abgeliefert werden. Man wollte sie einschmelzen. Sie wurde vom Turm geholt, nach Speyer verfrachtet und bei der Uhrenfabrik Porth gelagert. Noch am Tage des Abtransports schrieb der damalige Ortsgruppenleiter der NSDAP, Michael Postel, an den Direktor des Historischen Museums der Pfalz und wies auf den kulturellen Wert der Glocke hin. Man brachte sie daraufhin in das Historische Museum in Speyer, wo sie vor dem Einschmelzen bewahrt blieb. 1945 fand sie wieder ihren Weg zurück in das Türmchen des Alten Rathauses in Iggelheim.

 

Zur Rathausuhr

Im Dachgeschoss ist die dort heute noch in Betrieb befindliche Rathausuhr.

„ES WURDE DIESE WER VERRICHTET VON JOHANN PAUL KÖRBER in DÜRKHEIM ANNO 1775“, hat der Hersteller in den Rahmen eingehämmert. Sie ist eine Pendeluhr in handgeschmiedetem Eisengestell. Das Pendel besitzt eine regulierbare Bleilinse und als Schlegel dient ein Kupferhammer. 1,40 m misst das Zifferblatt im Durchmesser. Die beiden handgeschmiedeten Zeiger sind mit Blattgoldvergoldet. Die Uhr muss täglich aufgezogen werden. Als Laufgewicht dienen zwei große Sandsteine.

 

Am 6. Dezember 1956 gründeten interessierte Bürger den Heimatpflege- und Museumsverein Iggelheim. Am 2. November 1957 war es dann so weit, dass das Museum des Vereins im Alten Rathaus von Iggelheim der Öffentlichkeit vorgestellt werden konnte.

Die letzte gründliche Renovierung erfuhr das Gebäude 2001 durch die Gemeinde, ausgelöst durch die gesprungene und herunterzufallen drohende Decke im Obergeschoss.

 

Jochen Hauptmann